Bildungsberatung und Kompetenzfeststellung im Rahmen des Projektes „Förderung von Maßnahmen zum Spracherwerb (Deutsch) von Geflüchteten“ (SEG)
Konstanz, Kooperation, Weitblick und Professionalität. Das sind die Bestandteile einer nachhaltigen Integrationsarbeit. So zeigt es die Bildungsberatung und Kompetenzfeststellung der BIGS in den MWK-Kursen, die seit 2016 von Natalia Hefele und Christine Müller durchgeführt werden.
Das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) hat im Jahr 2015 ein Förderprogramm erarbeitet, um zusätzliche Sprachkurse und Sprachunterstützung von Geflüchteten schnell und unbürokratisch anzubieten. Die Sprachvermittlung sollte durch die Einrichtungen der Erwachsenenbildung erfolgen.
Im Jahr 2016 wurde das Förderprogramm fortgesetzt und ausgeweitet. Die in der Region ansässige Träger der Erwachsenenbildung setzten die sog. MWK-Kurse um, koordinierende Aufgaben übernahm die VHS Göttingen-Osterode (ab 2017 in der Stadt Göttingen – die BfGö). Die BIGS- Beratungsstelle wurde von NEBG-Träger (NEBG – Niedersächsisches Erwachsenenbildungsgesetz) beauftragt, Bildungsberatung in den Kursen anzubieten. Ab der zweiten Jahreshälfte 2016 hat die BIGS die Bildungsberatung umgesetzt. Es fanden Infoveranstaltungen im Rahmen der Kurse mit ggf. verabredeten Einzelterminen (Einzelberatung) statt. Angesprochene Themen waren Sprache, Arbeit, Bildung, Beratung und Gesellschaft mit Hinweisen auf weitere thematische Beratungsangebote und Beratungsstellen. Ein Schaubild „Erste Schritte“ mit den Adressen der Beratungsstellen in der Region wurde in den Kursen verteilt. Die Infoveranstaltungen haben u.a. mit (Kultur-) Dolmetschern stattgefunden.
In der nächsten Förderrunde im Jahr 2017 hat die BIGS die Bildungsberatung in den MWK- Kursen fortgesetzt und in der zweiten Jahreshälfte zudem für einige Träger die Kompetenzfeststellung mit den Teilnehmenden übernommen. Das Informationspapier „Erste Schritte“ aus dem Jahr 2016 wurde überarbeitet und weiterentwickelt. Dieses Papier soll den Teilnehmenden helfen, sich eigenständig an für sie relevante Stellen wenden zu können. Mit Hilfe dieser „Ersten Schritte“ bekamen die Teilnehmenden einen Überblick über die lokalen Strukturen und Akteure. Hierzu zählen unterstützende Einrichtungen, die in den Bereichen Aufenthalts- und Arbeitsrecht, soziale Fragen wie Kinderbetreuung, Wohnungssuche, SGB II etc. professionelle Hilfe anbieten. Ebenso gehören die öffentlichen Institutionen dazu, an die sich die Teilnehmenden im weiteren Verlauf ihrer beruflichen Integration wenden können, wenn es beispielsweise um eine Erlaubnis für ein Praktikum geht oder um die Kostenübernahme von Zeugnisübersetzungen oder berufliche Qualifizierungsmaßnahmen.
Im Anschluss an die Gruppenveranstaltungen hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, Einzelgespräche zu vereinbaren, um weitere Schritte zu planen. In diesen Gesprächen ging es zunächst darum, dass die Teilnehmenden über ihren bisherigen Werdegang, ihre aktuelle Situation bis hin zu ihren Vorstellungen über ihr weiteres Leben in Deutschland und ihre Wünsche an die Zukunft sprechen konnten.
Im nächsten Schritt wurde über Möglichkeiten gesprochen, ob und wie individuelle Vorstellungen und Wünsche realisiert werden können und welche Voraussetzungen dafür notwendig sind. In diesem Zusammenhang wurden auch die Kompetenzen der Teilnehmenden erfasst. Weitere Kompetenzen im informellen und non-formalen Bereich wurden im Gespräch ermittelt. Auf Grundlage des gesamten Beratungsergebnisses sowie der Ausbildungs- oder Berufswünschen der Teilnehmenden wurden Bildungswege geplant und die dafür notwendigen nächsten Schritte vorbereitet.
In jedem Fall diente die Beratung zur Stärkung des Selbstbewusstseins und der Ressourcenaktivierung bei den Teilnehmenden, da sie nicht als „Defizitprüfungen“ durchgeführt wurden, sondern den Fokus auf die Stärken, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten der jeweiligen Person legten.
Die Vorbereitung auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes konnten in den Beratungen dagegen nur in der Theorie angesprochen werden, da hierfür in der Regel Praktika oder Qualifizierungsmaßnahmen notwendig sind. Ausgehend von ihren Qualifikationen wurden realisierbare Schritte geplant, wie sie ihre bisherige Qualifikation erweitern und/oder anpassen können, um in eine Erwerbstätigkeit zu gelangen. Eine möglichst nahtlose Anknüpfung der aufeinanderfolgenden Schritte von den ersten Sprachkursen über den Erwerb oder Ausbau beruflicher Qualifikationen bis hin zum Einstieg in eine berufliche Tätigkeit war mit dieser Struktur gewährleistet.
Die Durchführung der Kompetenzfeststellung in den MWK–Kursen hat die Erkenntnisse aus der mehrjährigen Beratungs– und Projekttätigkeit der BIGS bestätigt:
- Unerlässlich für die erfolgreiche Eingliederung in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt ist die stetige Begleitung von Teilnehmenden durch Beratende.
- Die unterschiedlichen Stellen, an denen Beratung stattfindet, müssen nicht nur gut miteinander vernetzt sein, sondern auch eng zusammenarbeiten und sich nicht konkurrierend gegenseitig behindern, um die Teilnehmenden sinnvoll unterstützen und begleiten zu können.
- Zudem ist für die erfolgreiche Umsetzung der beruflichen Vorhaben die zügige Beseitigung weiterer Hindernisse aus den Bereichen Arbeits- und Aufenthaltsrecht, Wohnsituation und Kinderbetreuung notwendig, da sonst alle Bemühungen der Teilnehmenden hinfällig werden.
- Dafür braucht es in jedem Fall professionelle Unterstützung, da die Teilnehmenden damit allein überfordert sind.
Natalia Hefele
Christine Müller